Das Schloss Schwerin; Um-u. Neubau (1842-57)
Das Schloss,
das
Museum und die Siegessäule, das Gymnasium am Pfaffenteich und
andere Bauten, tragen die Handschrift des Architekten Hermann Willebrand
(Horst
Ende,SVZ,1999). |
Nach der Ablehnung
der ersten beiden Schlossentwürfe und auch von Gottfried
Sempers Entwurf von 1843, schickte Friedrich Franz II. G. A. Demmler
und H. Willebrand von Mai bis Juni 1844 auf Studienreise u.a. nach
Frankreich, um nach Sempers stilistischen Anregungen die französischen
Renaissanceschlösser zu untersuchen. H. Willebrand erdenkt nun
einen zu Sempers Entwurf kongenialen Ansatz. Er kreiert nach der
Reise das Schloss Schwerin durch eine Synthese von ihm vertrauten
Formen und vor allem unter dem Eindruck von Schloss Chambord,
indem er 1844 seine prima idea als sichtbaren Bildausdruck in Form
einer kolorierten primo pensiero zu Papier brachte. Das Original
ist seit dem Krieg verschollen. Seine Existenz wurde in einer beispiellosen
Geschichtsklitterung, beginnend mit der Demmlerbiographin ausgeblendet.
Auch alle Beschreibungen der Zeitzeugen wurden ausgelöscht.
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Prof. Schlie: "Bereits im Jahe 1844 erscheinen die drei der Stadt zugekehrten Seiten des Schlosses auf einer Skizze von Willebrand im Wesentlichen so, wie sie heute aussehen. Was die Skizze aber besonders interessant macht, das ist die Idee der großen Mittel-Kuppel, die hier zum ersten Mal als dominierender Theil des Ganzen auftritt. Die Skizze hat die Unterschrift: Erste Idee zur äusseren Ansicht des Schlosses zu Schwerin von der Stadtseite aus, in ca. einer Stunde skizziert von H. Willebrand 1844." Zur
prima idea von 1844 Prof. Josephi:"Darnach rührt der Entwurf zum Schloss in der ersten und im wesentlichen auch später verwirklichten Idee überhaupt nicht von Demmler her, sondern von dem bescheiden hinter seinem Herrn und Meister zurücktretenden Baukondukteur Hermann Willebrand!"...."Demmler wäre nach seinen bisherigen Entwürfen, vor allem aber nach seinen sonstigen Bauten, einer so monumental-romantischen Aufgabe überhaupt nicht gewachsen gewesen".
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Nur der Schweriner Historiker H. Ende (seinerzeit im Institut für Denkmalpflege), erinnert in der Zeit des Ausblendens von Willebrands Entwurf an dessen Idee in den NND von 1986: "Skizze stammt von seiner Hand". "Der Schweriner Kunsthistoriker Walter Josephi ging 1924 so weit, die grundlegende Idee für diese Gestaltung Willebrand zuzuschreiben, von dem aus dem genannten Jahr (1844) eine zeichnerische Skizze in diesen Formen existiert. Es wird sich heute kaum noch nachweisen lassen, ob Demmler des Plagiats bezichtigt werden kann oder nicht".
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Nach dem Fund des Entwurfs von 1844 kann man die Einschätzung von Prof. Josephi belegen und Demmler nunmehr tatsächlich des Plagiats bezichtigen. Er bezeichnet die Idee eines anderen Architekten u.a. in einem Schreiben vom 9.3.1855 an FFII. und im seinem Testament als sein geistiges Eigentum.
Der Nachweis des Plagiats wurde schon vom Museum Schwerin gezeigt, indem es den Entwurf von 1844 und die als Demmlers Entwurf bezeichnete Zeichnung von Willebrand von 1849 zusammen als ein Dia anfertigen ließ. Das Dia liefert den augenfälligen Beweis, dass nach Willebrands prima idea von 1844 weitergearbeitet wurde und alle weiteren Darstellungen deren Reinzeichnung sind.
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Dieser geometrische
Aufriss der drei der Stadt zugekehrten Seiten des Schlosses, der
1999 gefunden wurde, zeigt eine der nach 1844 folgenden Reinzeichnungen
der kolorierten Skizze. Nur die Bekrönung und das Portal weichen
davon ab. Es sind zwischenzeitliche Modifikationen von Demmler,
die keinen Bestand hatten. Der Aufriss ist auf Leinwand gezogen
und ist nach Prof. Schlie von 1846. Vier weitere solcher Abwicklungen
aller Schlossseiten von Willebrand hat es gegeben, die aber verschollen
sind. Der Aufriss ist eine weitere Bestätigung der Ausführungen
von Josephi von 1924. Willebrands prima idea war im Schlossmuseum
ausgestellt. |
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Willebrand fertigte vor der Demission von Demmler im Jahre 1850 kleine lavierte Tondi an, die alle Seiten des Schlosses so darstellen wie sie 1845 genehmigt wurden. Sein Chef konnte selber nicht zeichnen, wie es von einem Dipl. Ing.des Landesamtes für Denkmalpflege Schwerin festgestellt wurde. Diese Zeichnung von 1850 entspricht einer Vorlage, die er 1845 für eine Lithographie anfertigte, die sich erhalten hat. Das Tondo zeigt die drei von Demmler in Willebrands Idee von 1844 eingefügten Modifikationen, die alle drei beseitigt wurden. Demmler selber hat mit eigner Hand also manu propria keinen einzigen Schlossentwurf gefertigt.
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Die Seite auf den Burgsee mit der anschließenden identischen Fassade auf den Schlossgarten. Der Mittelbau (der Risalit) ist dreiachsig. Demmlers Idee diesen mit vier Achsen zu gestalten - siehe Tondo der drei Stadtseiten- wurde kurzerhand eliminiert. Alle Ecktürme sind noch in der ursprünglich von Willebrand 1844 erdachten Höhe dargestellt. Demmler ordnete später deren Überhöhung an.
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Die Schlossgartenseite war nur noch eine handwerkliche Fortsetzung der Seite auf den Burgsee, die 1844 entworfen wurde. Auf einem undatierten kolorierten Entwurf der Schlossgartenseite findet sich das Monogramm von H. Willebrand.
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Von der Seeseite hat sich ein koloriertes Blatt der Fassaden von 1846 von Willebrand erhalten, das nach fünf Jahren (1851) flüchtig von Demmler signiert wurde. Der Hauptturm ist eine größere Ausgabe der Ecktürme, die hier auch in der 1844 gedachten Höhe gezeichnet sind.
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Das Tondo ist mit 1850, H. Willebrand signiert. Er zeichnet die Lünettengiebel hier wie 1846 nach dem historischen Befund, ohne den späteren Terrakottenschmuck. Willebrand hatte nur das Tondo der Seeseite signiert. Dass die anderen auch von ihm gezeichnet wurden, kann jeder Laie erkennen. O. Bartels: "Die verbliebenen Zeichnungen aus dem Jahre 1850 zeigen die Version,nach der in etwa auch gebaut wurde. Auch sie sind ausschließlich von Willebrand gezeichnet".
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Die Seeseite musste er wiederholt zeichnen und signierte das Blatt ebenfalls. Demmler radierte seine Signatur aus. Das H. ist im Original noch erkennbar, während der Namenszug aus dem Papier ausriß, wie es die Restauratorin Frau Kanter feststellte. Selber war Demmler nicht in der Lage zu zeichnen. Alle Historiker haben das Blatt, das mit den anderen hier gezeigten Tondi zusammenliegt gesehen und drücken sich um die Darstellung einer unbequemen Wahrheit.
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Willebrands Entwurf der Schlossbrücke von 1844 zeigt eine elegante, repräsentative, höfische, der Aufgabe und besonderen Lage des Bauwerks gerechte Ausführung mit pittoresker Staffage. Er fertigte auch die Konstruktionszeichnungen. Bildquelle
1 (beide Brückenzeichnungen; siehe Impressum/Quellennachweis) Das untere Bild zeigt den Brückenteil der Inselseite oberhalb der Signatur von H. Willebrand. |
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Vier weitere Brücken über die Kanäle im Schlossgarten wurden von Hermann Willebrand entworfen. |
Zeichnung zur Restaurierung nach H. Willebrands Entwürfen vom Planungsbüro: Dipl. Ing. P. Kingerske (Schwerin: 2000-2002) |
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Tondo mit dem alten Schloss von der Seeseite in einem Arabeskenornament Ob das Bild mit dem in ein bemerkenswertes Arabeskengeflecht von bestechender Feinheit und perfekter Kolorierung in Gouachemalerei verwebtes Tondo mit dem alten Schloss eine Bestimmung als Vorlage hatte, ist nicht bekannt. Es steht aber exemplarisch für Willebrands Können, das Prof. Dr. K. E. O. Fritsch im Nekrolog zur Person 1899 in der Deutschen Bauzeitung wie folgt beschreibt:" In keinem dieser Werke verleugnet sich das liebenswürdige Talent und der feine künstlerische Sinn ihres Schöpfers, der jederzeit bemüht war, sein bestes zu geben".
Prof. Dr. Dr. H. W. Peuser: "Willebrand hat sich ehr als bescheidener Mensch, aber als echter Könner erwiesen. Er stand stets loyal zu seinem Großherzog wie auch zu seinem Dienstvorgesetzten G. A. Demmler, der die Arbeiten Willebrands ehr für sich selber als Schlossbaumeister (bis 1851) nutzte, um sein eigenes Ansehen dadurch noch zu steigern. Willebrands Verdienste um den Schlossbau Schwerin wurden bisher kaum oder nie gewürdigt. Umso deutlicher soll dies endlich 1991/92 ausgesprochen werden. Denn nicht G. A. Demmler, sondern Hermann Willebrand ist als Hauptarchitekt des Schweriner Schlossbaues von 1843-1857 anzusehen". Ferner: "Die Demmler zugeschriebenen Entwürfe stammen zu größten Teil von Hermann Willebrand, wie die Untersuchungen des Verfassers zweifelsfrei ergaben". Dass Willebrand die Bauzeichnungen des Schlosses fertigte, hinterließ er in zwei Bewerbungen an FFII. An seiner Beschriftung (Handschrift) sind auch unsignierte Risse erkennbar. Demmler hatte bis 1850/51 die obere Bauleitung und seine Kondukteure Behnke und H. Willebrand genau zugeteilte Bauabschnitte als Bauleiter. Nach Demmlers Demission erhält F. A. Stüler die künstlerische Verantwortung und benennt H. Willebrand zu seinem Stellvertreter vor Ort und so wird er, wie O. Bartels formuliert, die tragende Figur der Bauaktivitäten bis zur Einweihung 1857 und darüber hinaus während seiner gesamten Amtszeit- also bis zu seinem Tode 1899. |